Ursachen und Grenzen der öffentlichen Verschuldung

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Zusammenfassung

Gedanken zum Wesen der Staatsverschuldung und ihrer Folgen für die nächsten Generationen.

Schlüsselwörter

öffentliche_Verschuldung, Auslandsschulden, Geldwertstabilität, Nullsummenspiel, Steuerbelastung, Staatsanleihen, Zinsbelastung, Staatsschulden, Staatsbankrott,

Warum nimmt die Staatsverschuldung immer zu und niemals ab?

Nicht die bösen oder unfähigen Politiker sind daran schuld, sondern einzig und allein die Bevölkerung des Landes selbst. Eine ständig zunehmende Staatsverschuldung stört nämlich keinen Menschen, während eine ständig zunehmende Steuerlast jedermann stören würde. Wie sich zeigen wird, ist die Staatsverschuldung eine elegante Methode um die wahre Steuerbelastung zu verschleiern. Daher wünscht die gesamte Bevölkerung, dass die Steuern nicht steigen oder sogar fallen - was natürlich nur auf Kosten einer zunehmenden Staatsverschuldung geht.

Auf jeden Bürger entfallen heute ca. 20.000 € an Staatsverschuldung. Würde man verlangen, dass jeder Bürger so viel zusätzliche Abgaben zahlen müsste wie an Zinsen für eine gleich hohe Hypothek, so wäre die Staatsverschuldung mit einem Schlag eine sehr schmerzliche und reale Belastung der Bürger, die dann alles tun würden um die Staatsverschuldung zu reduzieren, ja von der Regierung eine solche Politik verlangen würden. Diese rein utopische Überlegung soll nur aufzeigen, warum es niemals möglich sein wird, die Staatsverschuldung zu reduzieren: Es ist einfach sehr unpopulär! Niemand wäre damit einverstanden, für die Zinsen der öffentlichen Schulden in Form einer Zusatzabgabe selbst und persönlich aufkommen zu müssen.

Die "Belastung der zukünftigen Generationen"

Es ist sogar bei prominenten Politikern ein weit verbreiteter Irrtum, daß zukünftige Generationen durch die öffentliche Verschuldung der heutigen Generation belastet werden. Dieser Irrtum beruht auf einem Trugschluß, nämlich der Gleichsetzung von privaten und öffentlichen Haushalten. Während sich ein Familienvater sehr wohl durch enorme Schulden zu Lasten seiner Kinder und Erben, die diese Schulden an die Gläubiger zurückzahlen müssen, selbst ein schönes Leben machen kann, ist dies bei einem öffentlichen Haushalt prinzipiell unmöglich. Denn der öffentliche Haushalt verschuldet sich de Facto bei sich selbst, d. h. sofern man von Auslandsschulden absieht, bei der eigenen Bevölkerung. Den Schulden des öffentlichen Haushalts stehen also Guthaben der Geldanleger, die Staatsanleihen zeichnen, in genau gleicher Höhe gegenüber. Nun werden sowohl Schulden als auch Guthaben und damit Zinseinnahmen an die nächste Generation vererbt. Das Ganze ist also ein "Nullsummenspiel" bei dem es zu jedem Zeitpunkt keine Gesamtverschuldung der Volkswirtschaft geben kann. Daher ist das Gerede von der "Belastung der zukünftigen Generationen" ein aus sachlicher Unkenntnis resultierender Gemeinplatz und Unsinn.

10. 03. 2010 Korrektur.

Wie noch näher ausgeführt werden soll, ist Staatsverschuldung gleichbedeutend mit versteckter Steuererhöhung. Wenn die Realisierung der latenten Steuererhöhung aber so lange verschoben wird, bis die nächste Generation Steuern zahlt, ist dies sehr wohl eine Belastung, die von einer Generation auf die nächste abgewälzt wird. In diesem Sinn, aber nur so verstanden, ist es zutreffend, dass die Schulden von heute die nächste Generation durch höhere, dann notwendige Steuern belasten oder zu höheren Einsparungen im Staatshaushalt zwingen. Dabei ist es gar nicht zwingend, dass die nächste Generation die Schulden tilgt, so lange die Grenzen der Verschuldung noch nicht erreicht werden.

Versteckte Steuererhöhung

In Wirklichkeit stellt die öffentliche Verschuldung eine verborgene Steuererhöhung dar. Denn durch sie wird Volkseinkommen der direkten Verwendung durch die Bürger entzogen und einer öffentlichen Verwendung zugeführt. Den gleichen Vorgang nennt man aber unter anderen Umständen Steuerbelastung. Daher sind beide Vorgänge wirtschaftlich identisch. Der Unterschied ist einzig und allein ein psychologischer: während bei der Besteuerung jeder Bürger sofort sieht, wie ihm das Einkommen entzogen wird, erfolgt dieser Entzug bei der öffentlichen Verschuldung "still und heimlich" in den Hinterzimmern des Finanzministers und der Banken. Eine öffentliche Verschuldung in der Größenordnung von 2 Billionen DM läßt den einzelnen Bürger völlig beruhigt schlafen, während ihm eine jährliche Steuerbelastung von 2000 DM schlaflose Nächte bereiten kann.

Auch der Geldanleger, der Staatsanleihen zeichnet und damit die öffentliche Verschuldung erst ermöglicht, läßt sich nicht durch diese hohe Verschuldung seines Schuldners abschrecken. Im Gegenteil gelten Staatsanleihen unter normalen Umständen mit Recht als besonders sichere Geldanlagen.

Falls jedoch der Finanzierungsbedarf die liquiden Mittel am Kapitalmarkt übersteigt, kann öffentliche Verschuldung das Zinsniveau erhöhen und damit die Geldwertstabilität verringern. Dieser Fall würde insbesondere dann vorliegen, wenn die Notenbanken die Staatsverschuldung direkt durch Geldschöpfung finanzieren würden, was bei vernünftigen Regelungen allerdings das größte denkbare Tabu wäre. Wenn so wie gegenwärtig (März 2010) von den Notenbanken massiv Liquidität künstlich in den Markt gepumpt wird, bleiben die Zinsen so lange niedrig, wie diese Geldschöpfung anhält. Inflation kann erst dann entstehen, wenn es weniger verfügbare Güter als Geld gibt. Es ist anzunehmen, dass die Menge der Güter besonders in einer Rezession nicht in dem Maß steigt, wie die Zunahme der Geldmenge, die eigentlich zur Bekämpfung der Rezession nach dem Prinzip des "Deficit spending" eingesetzt wird. Dies führt tatsächlich zu einem Ungleichgewicht von Geld- und Gütermenge. Die öffentliche Verschuldung kann so indirekt zu  einem Anstieg der Inflation führen.

Ich betone aber: Dies muss nicht zwangsläufig eintreten! Wenn die Verschuldung in der Rezession so eingesetzt werden kann, dass sie zum Ende der Rezession und zu einem sehr kräftigen Wirtschaftswachstum führt, wird das Gleichgewicht zwischen Geld und Gütern wieder hergestellt und es kommt nicht zu einer Geldentwertung. Das heißt, den von vielen Autoren angenommenen zwangsläufigen Zusammenhang von hoher Verschuldung und Inflation gibt es NICHT!

Absolute Grenzen der öffentlichen Verschuldung

Es ist evident, daß die verborgene Steuererhöhung irgend wann durch eine reale Steuererhöhung oder Einsparungen bei den Staatsausgaben finanziert werden muß. Werden summa summarum keine Staatsschulden getilgt, sondern nur neue Schulden zu den alten aufgenommen, so steigt die Zinsbelastung ständig weiter und verschlingt einen immer größer werdenden Teil der Staatseinnahmen. Damit wird der öffentliche Haushalt immer unflexibler im Einsatz der Mittel, da ein Großteil der Einnahmen von vornherein durch Zinszahlungsverpflichtungen gebunden ist.

Die Grenzen der öffentliche Verschuldung werden dann erreicht, wenn die laufenden Steuereinnahmen des Staates nicht mehr ausreichen, um die Zinsen aller aufgelaufenen Staatsschulden zu bedienen, wenn also die Zinsbelastung die heute (1999) schon bei über 20 % des öffentlichen Haushalts liegt, gegen 100 % steigt. An diesem (praktisch nicht erreichbaren) Punkt wäre ein Staatsbankrott unabwendbar. Dass dieser Fall tatsächlich und sogar sehr schnell eintreten kann, zeigt der aktuelle Fall Griechenland. Es genügt sogar als Bedingung für den Staatsbankrott, dass der Zinssatz für die Staatsanleihen vom Kapitalmarkt eventuell unter Einfluss von Rating-Agenturen um einige Prozent erhöht wird. Eine Zinsbelastung die unter normalen Umständen noch nicht die Grenze erreichen würde, kann dann plötzlich zum Todesurteil für den Staatshaushalt werden.

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Date of publishing: Thursday, 24. June 1999.
Last revision: May 06, 2010